Ötztaler Radmarathon - ein unvergessliches Erlebnis

 

Am 09.07 durften 13 ASGler bei der diesjährigen 42sten Ausgabe des Ötztaler Radmarathons in Sölden starten. Was der Ötzi bedeutet, kann man sich schlecht vorstellen, aber zumindest versuchen zu beschreiben. Die Daten: 227 Kilometer und 5500 Höhenmeter auf 4 Alpenpässen (Kühtai, Brenner, Jaufen, Timmelsjoch).
Um 4 Uhr klingelt der Wecker, anziehen, wer etwas runter bekommt, frühstückt. Bei angenehmen 11 Grad – ein Vorbote der später kommenden Hitze – warteten Heiko Beck, Dirk Donath, Marion Gollnick, Andrea Hick, Christian Klefenz, Michael Klose, Christoph Mülleneisen, Markus Nestler, Andris Rodewald, Achim Sprotte, Heidi Zahn sowie Christian und Simon Zeidler auf den Start. Zwei Helikopter mit Filmteams kreisten in der Luft, um die Stimmung mit den aufgefahrenen Schmankerln einzufangen. Um6:30 war es dann soweit: Der Startschuss. Standesgemäß aus einer Kanone des Schützenvereins. Zunächst geht es für die gut 4000 Starter knappe 30 Kilometer bergab nach Ötz. Mit 60-70 km/h fliegen sie Rad an Rad das Tal hinab. Schon hier ist für die ersten das Rennen vorbei. Technische Defekte oder (Massen-)Stürze sind hier keine Seltenheit. Auf der gesamten Strecke gibt es freilaufendes Weidevieh. Verdrängen!
In Ötz geht es direkt in den ersten Anstieg zum Kühtai. Verschalter und Umfaller sind hier immer noch Programm, fahren hier eigentlich nicht nur gute Fahrer? Die ersten laufen. Die Veranstalter fassen es treffend zusammen: „Für die Rennradfahrer ist das Kühtai die erste große Herausforderung des Radmarathons. Der Berg wirkt vom Profil her unscheinbar, doch gibt es lange Steilpassagen von bis zu 18 Prozent sowie ein insgesamt unrhythmisches Profil zu überwinden – was den Berg für manche Fahrer zum unangenehmsten Ötzi-Berg macht. Die folgende Abfahrt ermöglicht Geschwindigkeiten von über 90 km/h.“ Bei den 1200 Höhenmetern auf 18,5 Kilometer Länge, die sich mit durchschnittlich 7 Prozent auf 2020 Meter hochwinden, gilt es zwingend um 9:30 oben an der Verpflegungsstation zu sein. Wer das nicht schafft, wird gnadenlos aus dem Rennen genommen. An jeder Verpflegungsstelle wird gestopft und getrunken was geht. Von salziger Suppe über Kuchen bis hin zu Bananen und Gels ist alles vorhanden.
Weiter geht es durch Innsbruck, vorbei an der Schanze Bergisel und auf der alten Brennerstraße zum Brenner hin. Diese ist nicht steil, aber elend lang! Die 37 Kilometer mit nur 777 Höhenmetern ziehen sich bei Gegenwind, sodass die mittleren 3 Prozent Steigung bis zur Passhöhe auf 1377 Metern endlos erscheinen. Kleinere Teilstücke mit 12 Prozent sind eine willkommene Abwechslung. Spätestens jetzt ist der Sommer angekommen. Auf der Passhöhe stehen wir bei guten 30 Grad. Bei der ebenfalls eher flachen Abfahrt nach Sterzing gilt: Windschatten suchen! Die Cut-Off Zeit: 12:15 Uhr. ASGler im Rennen: 12.
Nun kommen wir zum Berg der Vorentscheidung. Der Jaufenpass. Mit im Schnitt 7 Prozent Steigung und einem sehr konstanten Steigungsprofil ist dies nach 140 gefahrenen Kilometern der letzte Test vor dem großen Finale. Hier teilt sich das Feld, nicht zuletzt durch die herrschenden 35 Grad, endgültig auf. Die zum Erreichen der Passhöhe auf 2094 nötigen 1130 Höhenmeter auf den 16 Kilometern wurden in Kombination mit dem sehr engen Cut-Off von 14:30 manch einem zum Verhängnis. Auch zwei unserer Fahrer reihten sich in die lange Reihe der mit Krämpfen zum Aufgeben gezwungenen Teilnehmer ein und mussten mit den dieses Jahr sehr vollen Bussen die Heimreise antreten. ASGler im Rennen: 10.
In der darauffolgenden rasanten und auch landschaftlich wunderschönen Abfahrt nach St. Leonhard konnten nochmal die Abfahrer punkten. Aufgepasst werden musste jedoch auf die höllisch gefährliche Längsrille in der Fahrbahn. Unten kamen die Teilnehmer dann buchstäblich in den Backofen. Windstille !!!47!!! Grad zeigten die Radcomputer an. Nicht mehr lustig!  Dies zwang einige weitere zum Aufgeben. ASGler im Rennen: 9.
Jetzt wird’s spannend. Der „Scharfrichter“ des Ötztaler Radmarathons ragt drohend über den Teilnehmern auf. „Am Timmelsjoch fällt oft die Entscheidung über Sieg und Niederlage, finishen oder kapitulieren. Nicht umsonst wird der Berg „il mostro“, das „Monster“ genannt. Wenn die Fahrer in St. Leonhard ankommen, haben sie schon rund 3500 Höhenmeter in den Beinen – und über 1750 Höhenmeter folgen noch. Nach dem Gipfel…“ (und dem nicht zu vergessenen Anstieg zur Mautstation, der aus dem nichts in der Abfahrt erscheint) „…folgt eine 22 Kilometer lange Abfahrt nach Sölden ins Ziel.“ Hier kämpfen sich die Radler über 28,7 Kilometer die im Mittel 8 Prozent steilen 1759 Meter zur Passhöhe hinauf, welche mit 2509 Metern über NN den höchsten Punkt des Rennens darstellt.  In den letzten 5 Kehren vor dem Gipfeltunnel sieht man niemanden mehr lachen. An dieser Stelle kann man nicht mehr tun, als die Leute zu motivieren, die sich aufgrund von Krämpfen oder Erschöpfung den Berg zu Fuß hochquälen. Man selbst funktioniert einfach noch, oder eben nicht. Nach drei Stunden dauerhafter Bergauf-Quälerei ist es ein unbeschreibliches Gefühl, durch den Tunnel zu fahren. Cut-Off: 19:30. ASGler im Rennen: immer noch 9!!
Wenn man weiß, dass man nur noch heil die 22 Kilometer Abfahrt hinunterkommen muss, ist das schon ein unbeschreibliches Gefühl. Die letzten Kilometer durch Sölden unter dem Jubel der Zuschauer lassen die ganzen Schmerzen und Quälerei (fast) vergessen. Bemerkenswert ist, dass jeder Teilnehmer, besonders der Letzte, von allen Zuschauern und schon gefinishten Teilnehmern gefeiert wird. Letztendlich konnten 9 der 13 gestarteten ASGler durch das Ziel fahren. Bei den diesjährigen Ausfallquoten von über 1400! Teilnehmern, die unterwegs ausstiegen, ein sehr gutes Ergebnis. Danach setzt langsam die bleierne Müdigkeit ein. Die letzten Aktionen des Tages: Duschen, Essen, Schlafen.